Brutal.Schön.
Die Architektur-Fotografie ist so anders, im Vergleich zum Fotografieren von Menschen. Hier spielen die Emotionen und Wahrnehmungen des Fotografen eine noch größere Rolle. Was bei der Portraitfotografie von den Fotografierten ausgeht – Emotionen, Stimmungen, Mimik und Gestik – bleibt hier aus.
Umso wichtiger ist es, dass man das Projekt nicht im kompletten Alleingang konzipiert und umsetzt.
Wer alleine geht, kann sich schnell verirren
Bei der Fotografie des Rathauses in Aalen, einem Bau aus dem Brutalismus, gebaut von 1973 – 1975, hatte ich im Vorfeld zahlreiche Planungsgespräche mit der Stadtverwaltung, den Projektverantwortlichen sowie dem Redaktions- und Produktionsteam. Ich wollte wissen, wie sie das Rathaus sehen, was sie wahrnehmen, was ihnen wichtig und was eher unwichtig ist. Klar, als der Auftrag bei mir einging hatte ich schon einige Bilder und grobe Ideen im Kopf – so viel sei bereits verraten, mit meinen Ideen lag ich gar nicht so falsch, viele wurden zum Teil genauso umgesetzt. Trotzdem war es mir wichtig, von allen Beteiligten zu erfahren, wie sie das Rathaus in Aalen wahrnehmen. Ich wollte ein Stimmungsbild erfassen und dies in meine Fotografien einfließen lassen. Nicht zuletzt gilt es, bei solch einem Auftrag, den Wünschen der Projektverantwortlichen gerecht zu werden. Es bringt nichts, wenn man als Fotograf meint, unbedingt seine Ideen und sein Konzept umsetzen zu müssen und keinen Wert darauflegt, wie andere etwas wahrnehmen und sehen – denn, wenn wir Fotografen eines können, dann ist es: Blickwinkel ändern, Horizonte erweitern und Mehrdimensionalität darstellen.
Keine halben Sachen – Fundiertes Wissen sorgt für bessere Bilder
Ebenfalls wichtig ist, sich im Vorfeld gut über das Projekt, in meinem Fall: das Objekt, zu informieren. Um das Rathaus in Aalen zu fotografieren, wälzte ich einige Bücher über Brutalismus, Le Corbusier, Bauhaus, Gropius, Aalen und die Baugeschichte des Rathauses. Mir war wichtig, ein fundiertes Wissen zu haben – und mit diesem Wissen meine Gedanken und Bildideen die ich von Beginn hatte, entweder zu untermauern oder zu widerlegen. Da ich ein sehr gefühlsbetonter und emotionaler Mensch bin, versuche ich auch immer, bei allem was ich fotografiere, die Lebendigkeit einzufangen. Nun möchte ich aber mein Wissen über die Architektur-Fotografie nicht nur für mich alleine behalten. Hier erhältst Du ein paar meiner Tipps für gute Architektur-Bilder:
- Versichere Dich über die Wünsche und Ziele deines Kunden
- Unterhalte Dich mit anderen Menschen über diese Art der Architektur, das Gebäude.
- Verschaffe Dir ein breites Wissen über das Objekt und weitere wichtige Merkmale (Zeitepoche, Architekt, Nutzung, weitere Planungen…)
- Erstelle einen konkreten Plan, welche Räume wann fotografiert werden sollen (Nichts wäre ärgerlicher, wie wenn die Räume immer dann besetzt sind, wenn Du mit der Kamera vor Ort bist)
- Keine Angst vor Kritik: Zeige deine ersten Aufnahmen den Projektverantwortlichen – um sicher zu gehen, dass es in die richtige Richtung geht.
- Setze Dich mit den Materialen die im Bau verarbeitet werden ein wenig auseinander. Der Brutalismus ist bekannt für seinen Sichtbeton. Sichtbeton bietet so tolle Möglichkeiten, ihn darzustellen und zu fotografieren.
- Gehe – wenn möglich – zu verschiedenen Tageszeiten in und an das Gebäude. Die unterschiedlichen Lichtstimmungen lohnt es sich, einzufangen.
Weitere Architektur-Bilder von mir findest Du unter:
https://www.ingridhertfelder.com/SPECIAL-PROJECTS/BRUTAL.-SCH%C3%96N.-/thumbs
Herzlichst,
Ingrid